IEA Bioenergy – Kampagnen, die die Verwendung von Holzbiomasse zur Energiegewinnung in Frage stellen, fehlen wichtige Fakten.





Es gibt Medienkampagnen und Veröffentlichungen, in denen die Verwendung von Holzbiomasse zur Erzeugung erneuerbarer Energie in Frage gestellt wird. Einige von ihnen stellen die forstwirtschaftliche Praxis und die Bioenergiesysteme vor Ort falsch dar und verbinden die Nutzung von Holzbiomasse zur Energiegewinnung mit der Ausbeutung von Wäldern, sogar der dauerhaften Entwaldung und dem „Verbrennen von Bäumen“. 

In Wirklichkeit ist die Bioenergie ein integraler Bestandteil des Forstsektors, der auf die Nachfrage nach Bioenergie reagiert, indem er Waldbewirtschaftungsansätze und industrielle Prozesse zur Erzeugung von Brennstoffen, Wärme und Strom, zusammen mit Sägerundholz, Papier und einer Vielzahl anderer biobasierter Produkte entwickelt. Die Medienkampagnen ignorieren auch oft die vielen Schritte, die bereits mit Blick auf eine nachhaltige Waldbewirtschaftung unternommen wurden, insbesondere in Europa und Nordamerika.

Während es sicherlich wichtig ist herauszufinden was erforderlich ist, um sicherzustellen, dass Biomasse auf verantwortungsvolle Weise produziert und verwendet wird, laufen die falschen Darstellungen in den jüngsten Veröffentlichungen Gefahr, Biomasse als nachhaltige Material- und Energiequelle insgesamt zu diskreditieren – eine Leistung, die schwerwiegende Folgen haben könnte für die globalen Ambitionen zur Erreichung der Kohlenstoffneutralität.

Februar 2021 – Die Verfeuerung ist heute das häufigste Mittel zur Umwandlung von Holzbiomasse in Energie, insbesondere in Form von Wärme und / oder Strom. Dies kann die Vorstellung von „brennenden Bäumen und Wäldern“ im Gedächtnis des gewöhnlichen Lesers und sogar von Wissenschaftlern hervorrufen, die mit der Forstwirtschaft vor Ort nicht vertraut sind. Die Realität aber sieht ganz anders aus! Es ist bereits allgemein anerkannt, dass jede Holzernte – sei es für Bioenergie, Baumaterial, Papier oder andere Zwecke – innerhalb von Nachhaltigkeitsgrenzen erfolgen sollte. Dies impliziert  Bewirtschaftungs- und Erntegrundsätze, die Schutz vor Übernutzung bieten und dem Erhalt der ökologischen Nachhaltigkeit als auch Kultur- und Erholungswerten Sorge tragen .

Dennoch verbinden aktuelle Medienkampagnen Bioenergie mit verantwortungsloser Ernte von Biomasse und der Übernutzung von Wäldern, ohne die vielen Schritte zu berücksichtigen, die bereits unternommen wurden, um solche Risiken zu minimieren.

Zum Beispiel betreiben FSC oder PEFC anerkannte nachhaltige Waldbewirtschaftungsprogramme, die weltweit auf Hunderte Millionen Hektar Wald angewendet werden und klare Anforderungen an den Erhalt der Wälder und ihre biologische Vielfalt stellen. Viele Länder haben ähnliche Waldbewirtschaftungsgrundsätze in ihre nationalen oder regionalen Forstgesetze aufgenommen. Darüber hinaus steht der europäische Kontext im Mittelpunkt dieser Medienkampagnen und hier insbesondere die Neufassung der Richtlinie über erneuerbare Energien (RED II), welche erlassen wurde, um das Risiko der Nutzung von Waldbiomasse aus nicht nachhaltiger Praxis zu minimieren. Die Richtlinie soll von allen EU-Mitgliedstaaten vor dem 30. Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden, und ihre Nachhaltigkeitsanforderungen müssen auch durch importierte Biomasse erfüllt werden.

Mehrere Medienkampagnen und Veröffentlichungen, in denen die Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung kritisiert wird, enthalten falsche Behauptungen. Unter diesen befindet sich insbesondere die unlautere Darstellung nachhaltiger Forstpraktiken vor Ort, das Nichtanerkennen des Faktes, dass die Holzproduktion und -nutzung Teil des biogenen Kohlenstoffkreislaufs ist, und die allgemeine Diskreditierung internationaler und wissenschaftlich fundierter Berechnungsgrundsätze für Treibhausgase. Die Internationale Energie Agentur (IEA) Bioenergy sowie kürzlich auch das Joint Research Center (JRC) der Europäischen Kommission haben Berichte und Artikel veröffentlicht, um einige dieser Missverständnisse in Bezug auf Waldbiomasse auszuräumen und die Debatte um die Nachhaltigkeit von Holz-Bioenergie zu entpolarisieren.

Es ist wichtig, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um einige wichtige Fakten über die Nutzung von Holzbiomasse zur Energiegewinnung zu betrachten:

Brauchen wir Bioenergie wirklich?

Die wichtigste Maßnahme zur Eindämmung des Klimawandels besteht darin, Energie- und Verkehrssysteme so schnell wie möglich so umzugestalten, dass fossiler Kohlenstoff im Boden verbleibt. Nachhaltige Bioenergie ist jetzt verfügbar und mit der vorhandenen Energieinfrastruktur kompatibel, sodass Kohle, Erdgas oder Erdölbrennstoffe sofort ersetzt werden können. >Nachhaltige Bioenergie kann daher eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Transformation des Energiesystems zur Erreichung der Kohlenstoffneutralität spielen. Insgesamt wird viel Wert auf erneuerbaren Strom gelegt – der sich am schnellsten dekarbonisieren lässt -, während andere Energieformen, insbesondere Wärme- und Transportkraftstoffe,  viel weniger Aufmerksamkeit erhalten. Bioenergie liefert erneuerbare Wärme, Strom und Kraftstoffe und kann in Kombination mit Carbon Capture and Storage (CCS) tatsächlich CO2 aus der Atmosphäre entfernen (über die CO2-Neutralität hinaus). Es kann den Ausbau saisonaler oder intermittierender erneuerbarer Energien wie Solar- oder Windenergie unterstützen, indem es Ausgleichsstrom bereitstellt und innovative Lösungen für Märkte bietet, deren Elektrifizierung schwierig ist oder deren Vorlaufzeit lange dauert.

Die Verfeuerung von Biomasse stößt auch CO2 aus. Wie  kann dies besser sein als fossile Brennstoffe?

CO2 aus der Verfeuerung von Holzbiomasse ist Teil des kurzfristigen Kohlenstoffkreislaufs. Der emittierte Kohlenstoff wurde zuvor aus der Atmosphäre aufgenommen und wird durch das Wachsen von Bäumen im Wald wieder aufgenommen. Solange die Holzernten die Kohlenstoffaufnahme im Wald nicht übersteigen, wird die atmosphärische CO2-Konzentration nicht erhöht. Im Gegensatz dazu verursacht der Einsatz fossiler Brennstoffe einen linearen Fluss von Kohlenstoff aus geologischen Speichern in die Atmosphäre. Allein der Vergleich der CO2-Emissionen am Schornstein – wie es manchmal gehandhabt wird – übersieht diesen grundlegenden Unterschied zwischen biogenem und fossilem Kohlenstoff. Entscheidend ist, ob die zunehmende Nutzung von Waldbiomasse zur Energiegewinnung Teil eines sich wandelnden Waldbewirtschaftungsparadigmas ist, das zu einer systematischen Verringerung oder Erhöhung der in Wäldern gespeicherten Kohlenstoffmenge führt. Wenn es zu einem Rückgang kommt, verringert dies die klimatischen Vorteile der Wald-Bioenergie. Bei einem Anstieg wird der Klimavorteil erhöht.

Werden Wälder abgeholzt, um Bioenergie zu produzieren?

Mehrere Medienkampagnen und Veröffentlichungen erwecken den Eindruck, dass komplette Waldbestände allein für energetische Zwecke abgeholzt werden. Dies spiegelt jedoch nicht die forstwirtschaftliche Praxis vor Ort wider, insbesondere nicht in Europa oder Nordamerika, wo Wälder so bewirtschaftet werden, dass sie eine Vielzahl an Waldprodukten liefern,  zum Beispiel Schnittholz, Papier, Bioenergie und andere biobasierte Produkte. Zusammen vermeiden diese verschiedenen Waldprodukte fossile Kohlenstoffemissionen, insbesondere dann, wenn Produkte auf Erdölbasis mit einem hohem CO2-Fußabdruck ersetzt werden, wie etwa fossile Brennstoffe, Zement, Stahl oder Kunststoffe und Chemikalien. Beispielsweise basieren derzeit etwa 90% des weltweiten Verbrauchs an erneuerbarer industrieller Wärme auf Biomasse. Dies trifft hauptsächlich auf Branchen zu, die ihre eigenen Biomasseabfälle und -rückstände verwenden können, wie etwa Sägewerke und Unternehmen der Zellstoff- und Papierindustrie. Durch die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf Biomasse können diese Branchen ihren Ausstoß von fossilen Kohlenstoff in die Atmosphäre gänzlich unterbinden. Verbesserungen der Energieeffizienz und Änderungen in industriellen Prozessen ermöglichen es ihnen außerdem, Brennstoffe, Wärme und Strom für andere Zwecke zu erzeugen, z. B. zum Heizen von Häusern.

Verwendet Bioenergie wertvolles Stammholz?

Das für die Bioenergie verwendete Holz ist kein hochwertiges Holz, sondern umfasst typischerweise Durchforstungsholz, minderwertiges Holz, Bergungsholz, Ernterückstände, Verarbeitungsrückstände oder Holzabfälle. Das Joint Research Center  der Europäischen Kommission (JRC) stellte jüngst fest, dass etwa 50% des in der EU für Bioenergie verwendeten Holzes aus Sekundärprodukten der Forstindustrie sowie aus recyceltem Holz stammen, darüber hinaus zu 17% aus Baumwipfeln, Zweigen und anderen Rückständen und zu 20% aus Stammholz.  Das sogenannte Stammholz besteht hauptsächlich aus Durchforstungsholz sowie aus Stämmen von schlechter Qualität, die nicht in Sägewerken oder bei der Zellstoff- und Papierherstellung verwendet werden können.

Können wir Bioenergie aus Holzbiomasse als erneuerbar betrachten?

Waldbiomasse ist eine erneuerbare Ressource, wenn die Waldproduktivität erhalten bleibt, wie dies in den Prinzipien der nachhaltigen Forstwirtschaft vorgeschrieben ist. Biomasse aus dauerhaft entwaldeten Gebieten sollte jedoch nicht als erneuerbar anerkannt werden. Daher sind Vorkehrungen erforderlich, um solche Fälle von der Förderung auszuschließen – sowohl für Inlandsanwendungen als auch für den internationalen Handel.

Alle Akteure auf diesem Gebiet erkennen bereits die Bedeutung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung als Voraussetzung für die Ernte von Biomasse an. „Nachhaltige Waldbewirtschaftung“ umfasst beispielsweise den Schutz von Gebieten mit hoher biologischer Vielfalt und forstwirtschaftliche Praktiken, die die Wiederaufforstung nach der Holzernte sicherstellen, was bedeutet, dass der bewirtschaftete Wald weiterhin atmosphärisches CO2 in Holz umwandelt.

Ein Anstieg der Nachfrage nach Bioenergie und anderen Forstprodukten – mit klaren Vorgaben für eine nachhaltige Forstwirtschaft – kann tatsächlich ökonomische Anreize für die Wiederaufforstung und eine verbesserte Waldbewirtschaftung schaffen, was zu gesünderen Waldsystemen und einem höheren Wachstum führt als es der Fall ist bei Wäldern, die nicht bewirtschaftet werden. Die Waldbewirtschaftung verringert im Allgemeinen auch das Risiko von Kohlenstoffbestandsverlusten aufgrund von Waldbränden und Krankheiten / Insektenbefall, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel immer häufiger auftreten.

Mögliche Risiken nicht nachhaltiger Forstpraxis sollten nicht zum Ausschluss von Holzbiomasse zur Deckung des wachsenden Energiebedarfs sowie zur Erreichung der Ziele der CO2-Neutralität führen. Der Schwerpunkt sollte vielmehr darauf liegen, welche Praktiken, Innovationen und politischen Bedingungen erforderlich sind, um eine nachhaltige Beschaffung und eine effiziente Umstellung auf Bioenergie und Bioprodukte sicherzustellen.


Das IEA Bioenergy Technology Collaboration Program (IEA Bioenergy TCP) ist ein globales Netzwerk zur Erforschung und Umsetzung von Bioenergie, das im Rahmen des Umsetzungsabkommens der Internationalen Energieagentur eingerichtet wurde. Das IEA Bioenergy TCP umfasst ein weltweites Netzwerk von Experten aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette von Biomasse für Energie, die aus der Forschungsgemeinschaft, Hochschulen, Regierungsbehörden und der Branche stammen. Die IEA Bioenergy hat eine umfangreiche und herausragende Tradition in der Förderung und Weiterentwicklung der Nutzung von Biomasse als Energiequelle, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Mitgliedsländer.

Quelle: https://www.ieabioenergy.com/blog/publications/campaigns-questioning-the-use-of-woody-biomass-for-energy-are-missing-key-facts/

Weitere Informationen: www.ieabioenergy.com

Hintergrundmaterialien:

https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC122719/jrc-forest-bioenergy-study-2021-final_online.pdf

Disclaimer: Dies ist eine nicht-authorisierte Übersetzung der Veröffentlichung der folgenden IEA-Bioenergie Stellungnahme: Campaigns questioning the use of woody biomass for energy are missing key facts | Bioenergy (ieabioenergy.com)